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KursWechsel an der Friedrich-Spee-Gesamtschule in Paderborn

Die Fortbildung für Lehrer*innen zum Thema Plastikmüll in den Meeren

Am 18. September 2018 führten 15 hochmotivierte und gespannte Schüler*innen eine selbstgestaltete zweistündige Fortbildung für ihre Lehrer*innen in der Friedrich-Spee Gesamtschule in Paderborn durch. 17 Lehrer*innen sowie die stellvertretende Schulleiterin freuten sich auf den Rollentausch sowie inhaltlichen Input zum Thema Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll.  

Nachdem sich die Lehrer*innen in dem mit Materialien und Getränken vorbereiteten Raum einfanden, begrüßten die Schüler*innen die Teilnehmenden mit einigen Worten. Sie sorgten für eine angenehme Atmosphäre und führten gleich zu Beginn in den von ihnen gestalteten Ablaufplan der Fortbildung ein. So wussten alle Teilnehmenden, was sie in der Fortbildung erwarten wird. Mit Hilfe einer interaktiven Mind Map führten die Schüler*innen in das Thema ein, um das Vorwissen der Lehrer*innen abzustecken. Es wurde schnell klar, dass nicht nur die Schüler*innen, sondern auch die Lehrer*innen dem Thema große Relevanz beimaßen. 

Um alle auf denselben Wissensstand zu bringen, hatten die Schüler*innen eine PowerPoint-Präsentation vorbereitet und zeigten einen kurzen Film. Aufmerksam hörten die anwesenden Lehrer*innen zu und stellten einige Nachfragen, die die Schüler*innen gerne beantworteten.

Wie lernen wir besonders gut?

Nach einer kleinen Pause ging es interaktiv weiter: In einer Gruppenarbeit schrieben die Lehrer*innen einen Brief an die Menschen aus Sicht eines Meeresbewohners und stellten ihr Ergebnis vor. Anschließend hakten die Schüler*innen nach, ob sich die Sicht auf die Problematik nun – nach dem Verfassen des Briefes – verändert habe. Gemeinsam reflektierten Schüler*innen und Lehrer*innen die Wirkung von Fakten versus einer Herangehensweise auf der Gefühlsebene. Es entbrannte eine kontroverse Diskussion, in der sich zeigte, wie unterschiedlich wir alle lernen bzw. uns für ein Thema begeistern. Manche Lehrer*innen erzählten wie Emotionalität ihnen hilft, sich einem Thema zu nähern oder es als wichtig einzustufen. Für andere stellen Fakten einen wichtigen Einstieg und Bezugspunkt zu einem Thema dar. Auch die Schüler*innengruppe war geteilt und es wurde deutlich, dass es in der Gruppe unterschiedliche Lerntypen gibt.

Bericht einer Expertin

Den Schüler*innen war es sehr wichtig, die Arbeit der Expertin Kea Hinsch vorzustellen, die sie im ersten Workshop von KursWechsel inhaltlich unterstützt hatte und von ihrer Tour de Meeresmüll berichtete. Die Schüler*innen zeigten Bilder und erzählten von Keas Erfahrungen der Tour de Meeresmüll, die Kea Hinsch organisiert hatte, um an der deutschen Küste auf das Thema Plastikmüll im Meer aufmerksam zu machen. Genau wie die Schüler*innen im Workshop, stellten die Lehrer*innen viele interessierte Fragen zu den Erlebnissen von Kea Hinsch und ihrer Tour. Ein Lehrer überlegte anschließend, ob so ein Expert*innen-Gespräch, eventuell mit Kea Hinsch, nicht auch bei einer Klassenfahrt wiederholt werden könnte.

Mikroplastik und Kosmetik – Was gibt es im Alltag zu beachten?

Das Wissen über Mikroplastik in Kosmetik wurde mit Hilfe eines Ratespiels und einer Soziometrie-Übung erweitert. Das Lernen mit Hilfe von Bewegung in spielerischer Form machte den Lehrer*innen sowie den anleitenden Schüler*innen sichtbar Spaß. Obwohl die Lehrer*innen schon einiges an Vorwissen mitbrachten, freuten sie sich sehr über weitere Anregungen, wie Mikroplastik schnell in Kosmetik erkannt werden kann: mit Hilfe der CodeCheck App oder dem Greenpeace Einkaufsratgeber

Was passiert nun an der Schule?

Angeleitet von drei Schüler*innen wurde am Ende der Fortbildung in der gesamten Gruppe über Möglichkeiten diskutiert, Plastik in der Schule zu reduzieren. Alle waren motiviert, Probleme wie Müll auf dem Schulhof oder im Klassenzimmer gemeinsam anzupacken. Weiter wurde gemeinsam überlegt, wie das Wissen der KursWechsel-Schüler*innen zu ihren Mitschüler*innen kommen kann und wie auch diese für das Handeln motiviert werden können. Die gesammelten Ideen wurden noch einmal in der Feedbackrunde aufgegriffen und diskutiert. Es zeigte sich, dass sowohl Lehrer*innen als auch Schüler*innen sehr viel von KursWechsel mitnehmen konnten. 

Stimmen zu KursWechsel

Die teilnehmenden Lehrer*innen lobten das Engagement der Schüler*innen an einem freien Dienstagnachmittag mit schönstem Sonnenschein länger in der Schule zu bleiben um dem Lehrerkollegium eine Fortbildung zu geben. Sie fanden außerdem, dass alle Beiträge in ihrer Unterschiedlichkeit sehr gelungen waren. Die Lehrer*innen regten an, dass die Schüler*innen nochmals eine Fortbildung für ihre Mitschüler*innen geben sollten und alle waren motiviert auf Schulebene etwas zu verändern – „Es wäre schade, wenn das alles nur verpufft“.

„Beeindruckend, wie viel die Schüler*innen inhaltlich wie auch methodisch in zwei Tagen gelernt haben und erstaunlich, wie sich ihre Haltung verändert hat.“ 
Feedback einer Lehrerin

„Danke für diese schönen und lehrreichen Tage!“ 
Feedback der Schüler*innen 

Am 20. November 2018 fand eine zweite Fortbildung der Schüler*innen für ihre Lehrer*innen sowie für Schüler*innen des Sozialwissenschaftskurses der Klassenstufe 13 statt. So konnten die KursWechsel-Schüler*innen mit den Erfahrungen und dem Feedback der ersten Fortbildung erneut ihr Wissen methodisch vielfältig weitergeben.


Wie kam es zur Fortbildung für Lehrer*innen an der Friedrich-Spee-Gesamtschule?

Am 12. Und 13. September 2018 fanden in der Friedrich-Spee-Gesamtschule Workshops im Rahmen von KursWechsel statt. Die Besonderheit in Paderborn war, dass wir die Möglichkeit hatten mit einer Fellow der Organisation Teach First Deutschland zusammenzuarbeiten. Sie unterstützte die Planung vor Ort und nahm an den Workshops sowie der Fortbildung für die Lehrer*innen teil. 16 motivierte Schüler*innen aus den Klassenstufen acht bis zehn hatten sich – mit einem kurzen Schreiben, warum sie dabei sein wollen – für die Teilnahme am Projekt KursWechsel bei ihr angemeldet. Alle brachten viel Vorwissen zum Thema mit. Den Schüler*innen war es sehr wichtig, ihr Wissen in den Workshops zu vertiefen und Lösungsmöglichkeiten für das Problem Müll im Meer in ihrem Alltag und auch in der Schule kennenzulernen. 

Workshop I in Paderborn – Eine inhaltliche Einführung

Am ersten Tag stiegen wir inhaltlich tief in die Problematik der Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll ein: Mit Hilfe einer Soziometrie-Übung näherten wir uns der Thematik sowie der Verbreitung des Materials Plastik in unserem Alltag. Von Beginn an waren die Schüler*innen sehr engagiert und brachten viele Ideen und Fragen ein. Nach einer kurzen Input-Phase erarbeiteten die Schüler*innen in Gruppen Lösungsmöglichkeiten verschiedener Akteur*innen. Hierfür wählten die Schüler*innen die Ebenen Politik, Wissenschaft und Kunst und Kultur aus. 

„Ich fand es gut, dass jede Gruppe Lösungswege gefunden hat.“ 
Ein*e Schüler*in

Das Gespräch mit einer Expertin

Zu vielen weiteren Handlungsoptionen inspirierte die 19-jährige Kea Hinsch, die als Bundesfreiwillige beim BUND Meeresschutzbüro Bremen eine große „Tour de Meeresmüll“ entlang der Küste Deutschlands im Sommer 2018 organisiert hatte. Eine Stunde lang hatten die Schüler*innen die Gelegenheit, all ihre Fragen an die Expertin loszuwerden. Sie zeigten großes Interesse am inhaltlichen Wissen von Kea Hinsch sowie an ihren Erfahrungen durch die Tour und ihrem persönlichen Engagement. Die Schüler*innen wollten von Kea Hinsch zum Beispiel wissen, was das Schlimmste gewesen sei, dass sie auf ihrer Tour am Strand gefunden habe und wie die Menschen reagiert haben, die zur Erholung am Strand waren, wenn sie ankam, um Müll zu sammeln. Weiter wollten sie wissen, ob sie Begleitung hatte auf der Tour, was ihre persönliche Motivation sei, für eine solch lange Tour und wie es nun weiterginge mit ihrem Engagement. Kea Hinsch antwortete mit viel Freude und steckte alle mit ihrem Tatendrang an.

Die Schüler*innen schätzten den Besuch der Expertin sehr und hoben nochmals hervor, dass sie es besonders gut fanden, „…dass sogar jemand extra aus Bremen zu uns kam“.

Gruppenarbeit – Vertiefung von vier Themenbereichen

Am Nachmittag stand das selbständige Arbeiten in Gruppen im Zentrum. Die Schüler*innen entschieden sich  die Themen „Mikroplastik“, „Plastik in der Schule“, „Meeresbewohner“ und „Verpackungen“ weiter zu bearbeiten. In Gruppen lösten sie zunächst je eine Aufgabe oder führten ein Experiment durch, um dann die verschiedenen Wissens-Bereiche durch eine eigenständige Recherche zu vertiefen. Am Ende teilten die Schüler*innen ihre Ergebnisse durch Präsentationen miteinander. Durch gegenseitiges, konstruktives und wertschätzendes Feedback bereiteten sie sich inhaltlich wie auch methodisch auf die Fortbildung für ihre Lehrer*innen vor.

Workshop II – Wie bringen wir das Thema unseren Lehrer*innen näher?

Am zweiten Tag waren die Schüler*innen gefragt: An diesem Tag galt es, die Fortbildung für die Lehrer*innen zu gestalten und auszuarbeiten. Die Schüler*innen hatten durch ihre Gestaltung der Fortbildung die Chance, ihren Lehrer*innen zu zeigen, wie sie selbst gerne lernen. Sie überlegten gemeinsam welche Inhalte und Elemente des Vortags unbedingt aufgenommen werden mussten, wann die Lehrer*innen eine Pause brauchen würden, welche interaktiven oder spielerischen Methoden das Lernen für die Lehrer*innen spannender gestalten und welche Raumgestaltung und Sitzordnung eine besonders gute Atmosphäre schaffen könnten. 

Nach der Mittagpause hatten die Schüler*innen einen gelungenen Ablaufplan erstellt. Die Aufgaben waren verteilt, so dass alle 15 Schüler*innen für eine oder mehrere Zuständigkeiten in der Fortbildung verantwortlich waren. In Kleingruppen machten sich die Schüler*innen an die Ausarbeitung der Inhalte und Methoden. Begrüßungsworte wurden formuliert, Präsentationen, Gruppenarbeiten und interaktive Methoden ausgearbeitet, eine Fotografin war bestimmt sowie zwei Veranstaltungsmanagerinnen überlegten sich ihre Aufgaben für die Fortbildung, wie z. B. die Raumgestaltung und das Zeitmanagement. Unterstützend konnten die Schüler*innen hierfür im Internet recherchieren oder das KursWechsel-Kartenset zur Hilfe nehmen. Am Ende stand die Fortbildung und alle verabschiedeten sich ein wenig müde aber glücklich und gespannt bis zum Termin der Fortbildung in der nächsten Woche

„Mir hat besonders gut gefallen, dass wir alle gut zusammengearbeitet haben und die Fortbildung so schnell organisieren konnten.“
Ein*e Schüler*in

„Ich fand es toll, dass wir in verschiedenen Gruppen waren, um uns besser kennenzulernen und die Fortbildung zu planen.“
Ein*e Schüler*in

Wie geht es an der Schule weiter?

Zwei Schüler*innen starteten direkt in der Woche nach der Fortbildung eine Sammelaktion von Plastikdeckeln, um die Organisation Deckel drauf e.V.  zu unterstützen. Die Organisation nimmt gesammelte Plastikdeckel entgegen und nutzt den erwirtschafteten Erlös für soziale Projekte, wie z. B. „500 Deckel für 1 Leben ohne Kinderlähmung“. Hier wird der Erlös für die Impfung eines Kindes gegen Kinderlähmung eingesetzt.  

Begeistert von der Fortbildung und den Ideen für die Schule luden die teilnehmenden Schüler*innen aus der 13. Klassenstufe die KursWechsel-Schüler*innen in die nächste Sitzung der Schüler*innen-Vertretung (SV) ein, um hier die Ideen vorzustellen und gemeinsam Handlungsoptionen in der Schule zu diskutieren. 

Verschiedene Lehrer*innen nutzen – inspiriert durch die erste Fortbildung – das KursWechsel-Kartenset  und integrieren das Thema Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll nun in ihrem Unterricht. 

 

Schule

Friedrich-Spee-Gesamtschule in Paderborn

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Expertin

Kea Hinsch, ehemalige Bundesfreiwillige beim BUND-Meeresschutzbüro Bremen  

Umsetzungszeitraum

September bis November 2018